Geologie

 

Pollichia-Kurier Jg. 32, Heft 1, Jan-März 2016, S. 36-38


„Der König des Westrichs"

Geologische Exkursion rund um den Potzberg bei Kusel



Am Samstag, 17. Oktober 2015, konnten Wolfgang Steigner, der Vorsitzende der Kuseler POLLICHlA-Gruppe, und Dr. Sebastian Voigt, der Leiter des Urweltmuseums GEOSKOP, etwa 25 interessierte Teilnehmer an der Ottilienquelle am Potzberg begrüßen. Sie waren bei kühlem, aber trockenem
Herbstwetter angereist, um sich über die Geologie des Potzbergs zu informieren.

Dazu gab Dr. Voigt anhand großer Schautafeln zunächst einen Einblick in die Entstehungszeit des Pfälzer Berglandes vor ungefähr 300 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit war die Region Teil des Großkontinentes Pangäa und lag in der Nähe des Äquators. Den Kontinent querte in seiner Mitte ein riesiger Gebirgszug mit breiten und tief eingeschnittenen Tälern. Eines dieser Taler war die 300 km lange und 100 km breite Lothringen-Saar-Nahe-Senke. Diese wurde im Laufe von mehreren Millionen Jahren mit dem Abtragungsschutt der umliegenden Berge verfüllt. Insgesamt 8.000 m Gestein, welches heute im Pfälzer Bergland wieder zutage tritt.

Welcher Art war dieser einstige Gebirgsschutt, und woher kam er? Darüber gab der folgende Haltepunkt am „Steinbruch Sander" oberhalb von Rutsweiler am Glan eine erste Auskunft.

Die kleine Felsgruppe sah von weitem aus wie der Buntsandstein des Pfälzerwaldes.
Aber ist es überhaupt ein Sandstein? Dazu zeigte Dr. Voigt eine Tabelle, in der alle Sedimente, nach Korngrößen geordnet, in eine Reihenfolge gebracht waren. Von der feinsten bis zur gröbsten Körnung waren dies:

Ton (kleiner als 0,002 mm), Schluff (0,002 — 0,063 mm), Sand (0,063-2 mm), Kies (2 - 200 mm) und Steine (über 200 mm).
Bei dem Gestein, dessen Partikel von ihrer Größe an Kristallzucker erinnerten, handelte es sich tatsächlich um Sand bzw. Sandstein. Dieser Sandstein ist am Potzberg als Teil der oberkarbonischen „Heusweiler-Formation " weit verbreitet.

Die zweite Frage war: Warum sind die Schichten hangabwärts geneigt? Die Erklärung ist, dass der Potzberg emporgehoben und die ihn aufbauenden Schichtgesteine dabei kuppelförmig verbogen worden sind.

Das heißt, egal wo man sich am Berg befindet, die Gesteine neigen sich immer talab. Für diese besondere Form der Deformation wird eine in über 2.000 m Tiefe liegende Magmakammer mit einer einst glutflüssigen Gesteinsschmelze verantwortlich gemacht.

Eine weitere Frage folgte: Warum ist diese Sandsteingruppe so zerteilt und zerklüftet? Der Prozess des Hochhebens sorgte für Brüche und Verwerfungen, wie auch spätere tektonische Ereignisse. Diese Brüche gaben aber auch Raum für aufsteigende hydrothermale Lösungen, heiße, mineralhaltige Wässer, die bei Abkühlung in den Spalten und Aushöhlungen Minerale absetzten, aber auch das benachbarte Gestein durch Kontaktmetamorphose veränderten und imprägnierten. Davon profitierte der Quecksilberbergbau am Potzberg. Aber
auch der Sandstein erfuhr bei der Imprägnierung durch zirkulierende Kieselsäure eine starke Verkittung.

Ein ganz anderes Gestein schaute immer wieder hervor und wurde an der sog. Rentnerhütte oberhalb von Mühlbach am Glan in großen Blöcken sichtbar. Schon von weitem waren die weißen Kiesel in einem größeren Verbund auszumachen. Die erneut zu Hilfe gezogene Tabelle ergab für diese Korngrößen ganz klar, dass es sich um ein Konglomerat handelte. Der Transport eines so groben Materials ließ auf rasch fließende Gewässer schließen, denn nur sie können größere Gerölle über längere Strecken transportieren.

Ein besonderes Augenmerk galt dabei den etwa taubeneiergroßen Quarzkieseln („Milch-quarz"), die hervorragend gerundet waren und damit einen sehr langen Transportweg (mindestens 150 km) signalisierten. Wo kam aber dieses ganze Material (Sand und Geröll) her?

In den Sandsteinen treten Rippeln auf, aus deren Geometrie man auf die ehemalige Fließrichtung des Wassers schließen kann. Demnach muss das in der Senke abgelagerte Material aus südlicher Richtung gekommen sein, etwa aus der heutigen Gegend von Vogesen und Schwarzwald. Auch die Transportmengen sind eindrucksvoll: In einem Zeitraum von 1 bis 1,5 Millionen Jahren wurden im Gebiet des heutigen Potzbergs zwischen 1.100 und 1.500 m Gesteinsschutt der Heusweiler-Formation abgelagert.

Man muss sich das also so vorstellen: Die Saar-Nahe-Senke wurde zur Zeit des oberen Karbon von einem verzweigten Fluss-System durchzogen. Die einzelnen Flussarme lagerten, je nach Fließgeschwindigkeit, über längere Zeit mal Sand, mal Geröll ab.

So entstanden die Sand- und Geröllbänke, die sich später zu Sandstein und Konglomerat verdichteten. Am Potzberq sind die mehrere hundert Meter mächtigen Sandsteinschichten von vier etwa 10 — 40 m mächtigen Konglomerathorizonten unterbrochen.



Derartige breite Täler mit verzweigten Fluss-Systemen gibt es auch heute noch. Dr. Voigt zeigte ein entsprechendes Bild aus Neuseeland, um den Teilnehmern eine Vorstellung zu geben von der Landschaft der urzeitlichen Pfalz.

Die Konglomeratschichten sind im Vergleich zum Sandstein deutlich widerstandsfähiger und bilden deshalb oft Vorsprünge, Grate, Sporne und Blockmeere. Dieses stabile Gestein war auch als Fundament einer Burg bestens geeignet. Die Mauerreste der Altenburg (Deinsberg) konnten wir besichtigen.

Die Altenburg oberhalb von Theisbergstegen stammt wahrscheinlich aus dem 12. Jahrhundert und war Sitz der Ritter von Deinsberg. Auf den jetzt noch sichtbaren Mauerresten hatte der örtliche Gesangverein 1931 eine Hütte gebaut und an den Wochenenden bewirtschaftet. Hier hatte Dr. Voigt Informationen parat, die mit Geologie nichts zu tun hatten: In der Bevölkerung wurde das Gebäude als „Lusthäuschen" bezeichnet. Es existierte bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Ein wichtiges Kapitel dieser Exkursion war natürlich dem Bergbau gewidmet. Dieser begann am Potzberg erst relativ spät und fand vorwiegend im 18. und 19. Jahrhundert statt. Gesucht und gefunden wurde vor allem Zinnober (Quecksilbersulfid), der zur Herstellung von Quecksilber diente. Auf der
geologischen Karte von 1906 sind mit einer Zackenlinie die entsprechenden Gruben eingezeichnet. Sie müssen vor allem im nördlichen Potzberg-Gebiet um den Dreikönigszug recht ergiebig gewesen sein.

Ein weiterer bergbaulich interessanter Haltepunkt galt dem Rastplatz „Bank Schau ins Land", wo man nicht nur einen sehr schönen Blick über das Glantal hinüber zum Remigiusberg mit der Michelsburg hat, sondern an einem ehemaligen Stollenmundloch auch auf einer Hinweistafel etliche zusätzliche Informationen zum Quecksilberbergbau bekommt. Es ist der einzige Stollen auf der Gemarkung Theisbergstegen. der aber bald wegen mangelnder Rentabilität wieder aufgegeben wurde. Diese Informationstafel wurde 2003 vom Gesangverein Theisbergstegen gestiftet.

Ein weiteres Denkmal des ehemaligen Bergbaus ist die Quelle „ Gelbes Wasser" im Grubengebiet „Davidskron ". Hier tritt ockerfarbenes Wasser aus einem Stollen aus. Es ist die Entwässerung einer oberhalb gelegenen Grube. Die Gelbfärbung rührt von fein verteiltem Limonit im Wasser her. Limonit (FeOOH, Eisenoxid/-hydroxid) könnte auf ein Pyritvorkommen hinweisen, denn Pyrit (Eisensulfid) oxidiert bei Kontakt mit Wasser und Luft, wobei aus dem Eisen Limonit oder ganz banal „Rost" wird. Verfasser dieser Zeilen war so unvorsichtig, durch den gelben Schlamm sich an die Quelle heran zu arbeiten, um ein besseres Foto machen zu können: Die gelb gefärbten Schuhe ließen sich nur schwer wieder säubern.



Nachdem der Quecksilberbergbau im Laufe des 19. Jahrhunderts immer mehr zum Erliegen gekommen war, wurde anschließend intensiv nach abbauwürdiger Kohle gesucht, da man ja vom Saarland her wusste, dass das Oberkarbon reichlich Kohle führen konnte. Deshalb wurden immer wieder
Bohrversuche am Potzberg unternommen, wovon Bohrlöcher und Bohrkerne besichtigt werden konnten. Die kreisrunden Bohrlöcher begannen an der Erdoberflache mit einem Durchmesser von bis zu 70 cm und endeten in der Tiefe mit 3 cm. Diese ganzen Anstrengungen waren aber vergeblich. Es wurden unterschiedliche Tiefen von 250 m bis über 1.000 m erreicht, aber insgesamt
war es ein Misserfolg. Einmal wurde dafür die Bohrmannschaft aus dem Harzvorland verantwortlich gemacht, sie sei unfähig; dann wurde es mit einer Mannschaft aus dem Schwäbischen versucht: Es nützte alles nichts. Genaueres, zum Teil Erheiterndes über diese Versuche kann man nachlesen bei Karl Emrich: „Die Tiefenbohrungen nach Steinkohle am Potzberg" im Westrichkalender von 1991. Auch 2005 wurde noch einmal ein Bohrversuch unternommen, dieses Mal auf Flözgas. Nach Abteufung auf 1.700 m in zwei Monaten wurde auch dieser Versuch abgebrochen.

Warum es am Potzberg keine nennenswerten Kohlelager gibt, können die Geologen erklären: Nur an den tiefsten Stellen der oben erwähnten Lothringen-Saar-Nahe-Senke konnten sich ausgedehnte Tümpel, Seen und Moore bilden mit einem entsprechend üppigen Bewuchs durch Siegelbaume, Schuppenbäume, Schachtelhalme und Koniferen, aus denen letztendlich Kohle entstand. Diese tiefen Stellen lagen aber zur Zeit des Oberkarbons in Lothringen und im benachbarten Saarland, während weiter nord-östlich das
Fließwasser die Sedimentation bestimmte.

Gibt es dennoch Fossilien am Potzberg zu finden ?

Im Gebiet der verzweigten Flussläufe und Schwemmfächer war eine dauerhafte
Ansiedlung von Pflanzen kaum möglich. Zu schnell wurde alles wieder weggeschwemmt. Aber in den ruhigeren Randzonen, wo Feinsande oder gar Tone abgelagert wurden. ist durchaus mit Fossilien zu rechnen. So fand Dr. Voigt kürzlich Spurenfossilien (Fraßspuren von Insektenlarven und Wurzelstrukturen) in Schluffsteinen an der Ottilienquelle. Und er berichtete, dass ihm von einem Hausbau in Mühlbach am Fuße des Potzbergs ein großes Stück versteinertes Holz gebracht worden sei.

Die Ausführungen von Dr. Voigt wurden ergänzt durch Hinweise auf Besonderheiten der Botanik durch Otto Schmidt, der z. B. darüber erstaunt war, am Berghang das Drüsige Springkraut (Impatiens glandu/ifera) anzutreffen, das normalerweise Bachläufe und Talauen besiedelt; ansonsten aber auf Pflanzen verwies, wie sie typischerweise auf sauren Böden vorkommen.

Für bergbautechnische Fragen hatten sich freundlicherweise Martin Bertges, Ingenieur aus Neunkirchen am Potzberg, und der Vorsitzende des Potzbergvereins, Jan Fickert, mit näheren Sachinformationen zur Verfügung
gestellt.

Nach sechs Stunden bergauf, bergab und mit vielen Informationen übernahm es Herr Steigner, unserem Referenten und Wanderführer, Herrn Dr. Voigt, den Dank der Gruppe auszusprechen. Dabei ging er auf die exzellente Vorbereitung ein, auf die Anfertigung und Bereitstellung der anschaulichen Bildtafeln, Tabellen und Karten, sowie auf den Vorteil einer Naturbegegnung anstelle eines Lichtbildervortrags. Das alles sei sehr zeitaufwendig und werde mit großer Dankbarkeit entgegengenommen. Er meinte, man habe mal wieder „einen echten Voigt" erlebt. So sahen es auch die Teilnehmer, indem sie sich
mit kräftigem Applaus bedankten.

Wolfram Hepfer
POLLICHIA Kaiserslautern)
Fotos: W. Hepfer)

 

 

 

 

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